Forschungsstelle Jeremias Gotthelf

Gotthelf-Edition

Die Arbeit an der historisch-kritischen Gesamtedition der Werke und Briefe von Jeremias Gotthelf fördert immer wieder neue Dokumente zu Tage, führt zu neuen Einsichten in das Werk und liefert nicht zuletzt zahlreiche kleine Nebenfunde (manch Kurioses). Einiges davon bereichert unsere Kenntnis von Leben, Amtstätigkeit und literarischem Schreiben Gotthelfs, manches bereichert einfach den Alltag der Editor*innen. 

Gerne möchten wir solche Funde mit Ihnen teilen.

Funde und Mitteilungen aus unserer Arbeit

04.01.2023 Editionsphilologie Kritische Edition Künstliche Intelligenz ChatGPT

Fragwürdige Editionsentscheide oder wenn aus einem «p» ein «z» wird

Hier ein Satzzeichen ergänzt, dort einen Klein- in einen Grossbuchstaben verwandelt oder vermeintlich falsche Schreibweisen angepasst: Bis in die 1970er-Jahre war es in Editionen nicht ungewöhnlich, bei unleserlichen sowie (vermeintlich) sinnentleerten Passagen ohne Kommentar in die Texte einzugreifen. Dies gilt auch für die zwischen 1911 und 1977 erschienenen «Sämtlichen Werke» von Jeremias Gotthelf. Wie unkommentierte Texteingriffe die Rezeption eines Textes verändern können und warum eine wissenschaftlich fundierte historisch-kritische Edition von Gotthelfs Werken und Briefen so wichtig ist, zeigt auch das folgende Beispiel.

In einem Schreiben von Albert Bitzius an das Erziehungsdepartement Bern vom 24. Mai 1841 (Staatsarchiv des Kantons Bern, BB IIIa 46) findet sich folgender Satz: «Uber die Krankheit des Mädchens, ihren Anfang und Fortgang über einzelne Vorfälle vernahm man auch nicht ein Wort, entweder gaben sie gar keinen Bescheid oder einen puckten‹?›.»

Laut dem Schweizerischen Idiotikon heisst «puckt/pfuckt» oder «b(e)huckt» so viel wie «un-freundlich, trotzig, schnippisch» – dem Pfarrer Bitzius wurde hier wohl also auf barsche Art und Weise eine Auskunft verweigert. Die etwas ungewöhnliche, leicht mit einem «h» oder «z» zu verwechselnde Form des «p» im Manuskript (in der Mitte des Bildausschnitts ersichtlich) bereitete in Verbindung mit der danach erfolgten Zeichenüberschreibung unserem Korrespondenzteam einiges Kopfzerbrechen: Das Fragezeichen in Winkelklammern hinter «puckten» zeigt in der Transkription an, dass es sich um eine unsichere Lesart handelt.

Auch bei den Herausgebern der Ergänzungsbände zu den «Sämtlichen Werken» schien die Textstelle für Ratlosigkeit gesorgt zu haben. Sie lasen den fraglichen Buchstaben als «z» und fügten – zum besseren Verständnis, aber wohl auch zur Bekräftigung ihrer Lesart – kommentarlos ein ursprünglich nicht vorhandenes «die» hinzu: «Über die Krankheit des Mädchens, ihren Anfang und Fortgang, über einzelne Vorfälle vernahm man auch nicht ein Wort, entweder gaben sie gar keinen Bescheid, oder die einen zuckten» (EB 5, S. 118).

Edierte Texte sind niemals frei von Interpretation. Insbesondere gilt es, die Entscheide der Herausgeber*innen im Text kenntlich zu machen: Sonst wird ein «p» schnell zu einem «z», und damit wird ein Text präsentiert, den es so nie gegeben hat.

05.10.2022 Editionsphilologie Jeremias Gotthelf

Mehr als nur Äusserlichkeiten

Der Erkenntnisgewinn bei der Auseinandersetzung mit privaten Briefen kann auch jenseits des Textinhalts aufschlussreich und faszinierend sein. In handschriftlichen Mitteilungen liefert etwa das Schriftbild zusätzliche Informationen. So kann ein Brief mit zahlreichen Verschreibungen und Korrekturen zwar die konkrete Editionsarbeit erschweren, kann jedoch von einer gewissen Vertrautheit zwischen den Korrespondierenden zeugen. Deren Beziehungsstatus erlaubte es offenbar, Briefe auszutauschen, in denen die eigene Fehlbarkeit, zumindest auf Ebene eines konsistenten Brieftextes, Raum einnehmen durfte.

Henriette Solger, eine Bitzius bis dahin unbekannte Leserin aus Dresden, schrieb sich 1850 (Burgerbibliothek Bern, Nachlass Jeremias Gotthelf, 25.6.53.1) ihren Frust über den aus ihrer Sicht haltlosen Stand der Geistlichkeit und die «Doppelheit (aus Schwäche) und Schlaffheit» der Politik in Sachsen von der Seele. In energischer und dichtgedrängter Schrift nutzte Solger nun den gesamten Briefraum aus und musste letztlich noch auf die Ränder der übrigen Seiten zurückgreifen, um ihren Brief abschliessen und das für sie offensichtlich dringende Thema unterbringen zu können.

Briefinhalt und Schriftduktus bilden ausserdem eine semantische Einheit: So heisst es etwa in einem Brief aus dem Jahr 1843 von Johannes Pupikofer (Burgerbibliothek Bern, Nachlass Jeremias Gotthelf, 25.5.53.2), Bruder des Historikers und Theologen Johann Adam Pupikofer, dass Frau und Schwägerin ihn zum Aufbruch drängen und er den Brief beenden müsse – die immer fahriger werdende Schrift vermittelt einen guten Eindruck davon, in welcher Eile Pupikofer diese Zeilen aufs Papier warf.
Der begleitende Blick auf das Original oder Digitalisat verleiht dem Geschriebenen somit eine ganz andere und eigene Intensität, die bei ausschliesslicher Lektüre eines standardisierten Textabdrucks verborgen bliebe.
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Bildnachweis: Unterschrift Henriette Solger am linken Rand; Brief an Albert Bitzius, 24. Oktober 1850, S. 1, in: Burgerbibliothek Bern, Nachlass Jeremias Gotthelf, 25.6.53.1.

11.03.2021 Jeremias Gotthelf Briefe

Fundstück aus Privatbesitz – Gotthelf-Briefe gesucht

(1) Zu den Unwägbarkeiten von Editionen, insbesondere von Briefeditionen, zählt unter anderem der Umstand, dass Korrespondenzen oft in Privatbesitz lagern und darum nicht in die Hände der Editor*innen gelangen. Umso erfreulicher sind darum Hinweise auf bislang unbekannte Briefe. Durch die Vermittlung von Verena Hofer (Präsidentin des Vereins Gotthelf-Stube und Mitglied der Jeremias Gotthelf-Stiftung) machte uns Ueli Augstburger vom Gasthaus Ochsen in Lützelflüh einen Brief zugänglich, der schon lange in Familienbesitz ist. An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei Frau Hofer und Herrn Augstburger dafür bedanken.
(2) Im Schreiben vom 20. April 1849 bedankt sich Albert Bitzius beim Burgdorfer Pfarrer, Kalendererzähler und Schriftsteller Gottlieb Jakob Kuhn für eine “freundliche und schätzbare Gabe”: “Die Geschichtchen sind schön und sehr bezeichnend.” Besonderen Eindruck mache ihm die Anekdote “von dem Ehepar, wo der Man keinerlei Gemeindschaft mit der Frau haben wollte”. Eine Bearbeitung reize ihn, doch müsse diese reiflich überlegt werden, denn “ihre Wurzeln reichen in die Ehegeheimniße hinab, welche fast nicht berührt werden können ohne anstößig zu werden.” Dagegen sei “die Erzählung vom alten Mütterchen, welches im Schlitten in die Kirche gezogen würde”, “[l]ieblich” und leichter umzusetzen. Diese wolle er bearbeiten, sobald er Zeit habe und die “Geschichte einer Käserei” abgeschlossen habe: “Stoff ist sattsam da, ist aber wohl räs, es ist nicht ganz leicht ihn mundgerecht zu machen fürs Publikum. Sind nicht alle Liebhaber von Käs und räs mögen ihn gar Viele nicht vertragen.”
(3) Kuhn – verstorben am 23. Juli – erlebte den Abdruck der fertig gestellten Erzählung unter dem Titel Die Erbbase nicht mehr. Gegenüber Friedrich von Tschudi, dem Herausgeber der Schweizer Ausgabe der Neuen Illustrirten Zeitschrift, gab Gotthelf seine Quelle am 1. September 1849 preis (EB 18, Nr. 59, S. 95). In der Zeitschrift wurde die Erzählung im letzten Quartal des Jahres in mehreren Teilen abgedruckt. Die Redaktion merkte an, dass es sich dabei um “ein Gegenstück zum Erbvetter” handle (Neue Illustrirte Zeitschrift für Bayern 5, 1849, Nr. 43, S. 341). Die beiden Erbvetter-Erzählungen waren im Jahr zuvor bei Springer erschienen – und Gotthelf selbst hatte Kuhn in seinem Brief vom 20. April erklärt, dass der Stoff gut zu früheren, namentlich im Brief nicht genannten, Erzählungen passen würde.
(4) Der nun aufgefundene Brief ermöglicht auch eine ungefähre zeitliche Einordnung des undatierten zwölfseitigen Manuskripts von Kuhn im Gotthelf-Nachlass der Burgerbibliothek Bern (BBB, N Jeremias Gotthelf 25.4.51.2), das die Herausgeber der Ergänzungsbände nur als “Anregungen zu Kalenderbeiträgen” bezeichnen (EB 18, S. 322). Die zweite Anekdote – Basis von Gotthelfs Erbbase – legt offen dass es sich um die Anekdotensammlung handelt, für die sich Gotthelf am 20. April 1849 bedankte und die ihm von seinem Kollegen wohl im ersten Quartal des Jahres 1849 übermittelt worden war.

11.03.2021 Jeremias Gotthelf Briefe

Der erste Tokajer im Emmental?

Im Zeitalter der Selbstoptimierung fristen Süssweine, auch solche aus edelfaulen Trauben wie der traditionsreiche ungarische Tokajer, in den Weinhandlungen ein Nischendasein. Der seit dem Spätmittelalter in der Region Tokaj angebaute und ausgebaute Wein entwickelte sich im Laufe der Frühen Neuzeit zum König der Weine und Wein der Könige – so nannte ihn zumindest Louis XIV. Bis in die Moderne erfreute er sich auch bei Schriftstellern grosser Beliebtheit. So trank Kafka nachweislich Tokajer. Gottfried Keller – dem Wein allgemein zugeneigt – widmete dem Tokajer ein Gedicht und verschaffte ihm in Kleider machen Leute einen Auftritt. 1846 verfasste Keller als Auftragsarbeit für hundert Flaschen Tokajer einen Gedichtzyklus. Ob er das versprochene Honorar jemals erhielt, ist nicht überliefert.

Jeremias Gotthelf kam unverhofft in den Genuss von Tokajer, wie der Briefwechsel mit Georg Wigand nachweist (Burgerbibliothek Bern, Nachlass Jeremias Gotthelf 25.8.44 und Bibliotheken Winterthur, Sammlung Winterthur Ms BRH 255/15). Für die Erzählung Der "Besenbinder von Rychiswyl", die im "Deutschem Volkskalender auf das Jahr 1852" erschien, übersandte ihm der Leipziger Buchhändler und Verleger im Frühling 1851 neben dem Honorar auch eine Kiste ungarischen Süssweins – darunter 6 Flaschen Tokajer. Gotthelf berichtete seinem Wohltäter, wie er sich an die Anweisungen zur Lagerung gehalten und auf eine besondere Gelegenheit gewartet – „die Gelüsten gezügelt“ – habe. Schliesslich schilderte er, wie er mit Johann und Ulrich Geissbühler (ein Schelm wer hier an C. A. Loosli denkt!) die erste Flasche trank. Sie eröffneten den Abend mit einem La Côte von 1834 und gingen dann zum Tokajer über. Die drei Lützelflüher waren sich einige, dass sie „beßern Wein noch nicht getrunken“ und er „eine Art von Lebens Eßenz“ sei. Der Schweizer vin du siècle habe danach wie „Witzenhauser und Grüneberger“, wie saurer deutscher Wein, geschmeckt. Gotthelf war sich sicher, dass zuvor noch kein Tokajer ins Emmental gelangt sei.
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Bildnachweis: Albert Bitzius an Georg Wigand, 24. April 1851, S. 1, in: Bibliotheken Winterthur, Sammlung Winterthur Ms BRH 255/15.

23.12.2020 Jeremias Gotthelf Tokajer
Confidentielle Mittheilung an den Pfarrer von Lützelflüh (post scriptum)

Confidentielle Mittheilung oder Des Kantons Bern brave und wackere Töchter

Idealvorstellungen über die Ehe und Ehefrau in der patriarchal geprägten Gesellschaft des 19. Jahrhunderts nehmen in Gotthelfs Werk einen prominenten Platz ein. Seine starken weiblichen Figuren sind belastbar, fromm und tüchtig. Zudem füllen sie ihre, dem Ehemann untergeordnete Rolle vorbildlich und mit Freuden aus. Eine „Confidentielle Mittheilung“ an Bitzius aus der Burgerbibliothek Bern zeigt, dass solche Frauen realiter aktiv gesucht wurden.

Unter N Jeremias Gotthelf 28.8.17 findet sich ein Brief vom 19. Februar 1850 von einem dem Pfarrer wohl nicht weiter bekannten Herrn Sulser aus Azmoos, St. Gallen. Dieser bittet – für einen anonym bleibenden Freund – um Hilfe bei der Brautschau. Grund für die Anfrage sei die intensive Lektüre von Gotthelfs Romanen, unter anderem ‚Anne Bäbi‘. Zudem habe der künftige Bräutigam bei einer Reise durch den Kanton Bern gehört, „daß es in diesem sehr brave und wackere Töchtern gebe, die sich [...] nicht nur in andere Cantone, sondern sogar in’s Ausland verheirathen“ würden.

Die Vorzüge des Heiratswilligen legt der Absender ebenfalls dar und verbindet sie geschickt mit einiger Werbung für den neuen Wohnort der Braut in spe (Pfäfers in St. Gallen). Demnach suche: Ein stattlicher und begüterter Mann in seinen Dreissigern und von bester Gesundheit, auf keinen Fall eine „Coquette“, sondern eine „rüstige Witfrau (ohne Kinder)“ oder eine nicht allzu junge Bauerstochter (nach Möglichkeit evangelischer Konfession). Neben einem Vermögen von wenigstens 20.000 bis 25.000 Gulden („theils wegen renommé, theils auch der gegenwärtig stürmischen Zeiten wegen“) solle die Wunschkandidatin vor allem über Geschick für die Haushaltsführung verfügen, robust sein sowie sich ihrem Mann gegenüber liebenswürdig und brav verhalten. Kurzum eine Frau, die „so ungefähr à la Jakoblis Meieli“ sei.

29.06.2020 Jeremias Gotthelf Ehe Genderkonzepte

Beim Barte des Politikers

Ist die Barttracht heute eine weitgehend modische Angelegenheit, war sie bekanntlich im 19. Jh. ein Zeichen im politischen Diskurs. In den Briefen Karl Rudolf Hagenbachs, Theologieprofessor und Grossrat in Basel, an Albert Bitzius (Burgerbibliothek Bern Nachlass Jeremias Gotthelf 25.4.15), die auf politische Ereignisse Bezug nehmen, ging die Nennung der Gesichtsbehaarung und der politischen Tendenz Hand in Hand. Als Karl Brenner, Anhänger der radikal-liberalen Bewegung, nach verbüsster Haftstrafe wegen Teilnahme an den Freischarenzügen entlassen wurde, schrieb Hagenbach am 8. März 1845: „Da hatte d. Freischaardoctor Brenner mit dem Barte 4 Wochen versessen, u. nun holte ihn das radicale Gesindel mit Blechmusik ab“. Die Bezeichnung des Bartes eskalierte mit den politischen Konflikten. Am 18. Oktober 1848 berichtete Hagenbach – den „Culminationspunkt der Cannibalen-Humanität u. des Zigeuner-Liberalismus“ feststellend und Basel im „allgemeinen Sudelzüber des Proletarierthums“ vermutend, da er sich im neugewählten Grossen Rats Basels von Leuten umgeben sah, die „man sonst an dem Schwanz der res publica zu sehen gewohnt war“ – im Hinblick auf die erste Wahl im Bundesstaat, dass „Brenner mit dem Schmerrleib u. dem Urwald-Bart als Nationalraht aus der Wahlurne hervorsteigen werde“. Brenner unterlag jedoch in der Wahl. Am 26. Februar 1849 berichtete Hagenbach vom Fasnachtsumzug, der das Revolutionsjahr 1848 thematisierte und unter anderem eine „Democratenmühle, in welche gekrönte u. bezopfte Häupter obenein geworfen u. mit Schnäuzen u. Bärten wieder herauskommen“ präsentierte. Die Assoziation von Barttracht und politischer Tendenz war allgemein verständlich.
(Bildnachweis: Ausschnitt aus: Fasnachtsumzug 1849, Stich F. Hegar, Basel, in: D’Basler Fasnacht, Basel 1939, S. 121)

22.12.2019 Barttracht Jeremias Gotthelf Karl Rudolf Hagenbach

Schriftvorlagen für Henriette Bitzius

Erst 1995 gelangte ein Brief des Thurgauer Theologen und Pädagogen Johannes Pupikofer in die Burgerbibliothek und wurde seither in einer nicht näher erschlossenen Schachtel aufbewahrt. Von der Forschung bislang nicht zur Kenntnis genommen ist er nun im Rahmen der Gotthelf-Edition ‘entdeckt’ worden.
In den 1830er-Jahren Lehrer in Sumiswald, ist Pupikofer häufig Gast im Lützelflüher Pfarrhaus, bevor er in den 1840er-Jahren in den Thurgau zurückkehrt, wo sein bekannterer Bruder Johann Adam als Theologe und Historiograph wirkt. In seinem Brief vom 22. Juli 1839 an Albert Bitzius kommt Johannes Pupikofer einem Wunsch von Henriette Bitzius nach und skizziert Ideen für einen vorbildlichen Lese- und Schreibunterricht. Beispielhaft notiert er Schriftvorlagen in einer “geradlinigen Schrift”, die vom Kind gut nachgebildet werden könnten (siehe Abbildung), und empfiehlt den Einsatz beweglicher Holz- oder Kartonbuchstaben, mit denen das Kind verschiedene Wörter bilden dürfe, "wodurch Abwechslung u Thätigkeit u Trieb u Lust zum Lernen im Kinde erwacht." Pupikofer ermutigt Henriette Bitzius, ihren eigenen Unterrichtsweg zu suchen, denn "die Freude, ihn mehr oder weniger selbständig gefunden zu haben, wäre gewiß für die Mutter unbeschreiblich." Für Pupikofer scheint es naheliegend, dass Henriette Bitzius sich durch ihren Mann anleiten liesse, so schreibt er Albert Bitzius: "an der Stelle der Frau Pfarrer würde ich nicht ruhen, bis Sie mir zu jeder Lektion in der Zurüstung des nöthigen Apparates, in Ertheilung von Rath etc. an die Hand gegangen." (Burgerbibliothek Bern, Nachlass Jeremias Gotthelf 45.)

16.08.2019 Jeremias Gotthelf Brieffund

Gotthelf als Beiträger für Johann Konrad Zellwegers Werk über die schweizerischen Armenschulen?

Immer wieder wurde vermutet, dass Gotthelf in Johann Konrad Zellwegers Überblicksdarstellung “Die schweizerischen Armenschulen nach Fellenbergischen Grundsätzen” (1845) das Kapitel zur Armenerziehungsanstalt Trachselwald schrieb, die er mitbegründet und für die er in der Schrift Die Armennoth (Erstauflage 1840) geworben hatte. Schriftliche Belege für eine Autorschaft Gotthelfs gibt es jedoch keine. Vom Editionsteam ist nun in der Burgerbibliothek Bern ein bislang unedierter Brief Zellwegers an Albert Bitzius vom 30. November 1844 wieder aufgefunden worden, in dem Zellweger über den Brand an der von ihm geleiteten Anstalt Schurtanne in Trogen am 2. September 1844 klagt: Ihm habe “das furchtbare Brandunglück bis auf das geringfügigste Billet herab alle Papiere, folglich auch ihre Arbeit und alle übrigen Materialien zu meiner Schrift geraubt”. Den Beitrag, der ihm von Bitzius zwei Jahre zuvor auf seine Bitte hin übermittelt worden wäre, habe an einer Versammlung der Appenzeller Gemeinnützigen Gesellschaft “als Vorlesung den Beifall der Zuhörer gefunden”. Zellweger ersucht Bitzius schliesslich darum, die Arbeit nochmals zu schreiben: “Sie arbeiten so leicht, wie kein Anderer, kennen diese Anstalt durch und durch und verstehen absonderlich die große Kunst der gefälligen Darstellung.” (Burgerbibliothek Bern, Nachlass Jeremias Gotthelf 45.) Ob Bitzius der Bitte nachgekommen ist und wie eine allfällige Schrift durch Zellweger für die Publikation umgearbeitet oder übernommen worden ist, bleibt freilich trotz dieses Briefes offen. Vielleicht werden in den nächsten Jahren weitere Dokumente aufgefunden, die Aufschluss hierzu geben?

16.08.2019 Jeremias Gotthelf Brieffunde
13.09.2019 Jeremias Gotthelf Erlebnisse eines Schuldenbauers

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