Forschungsstelle Jeremias Gotthelf

D: Neuer Berner-Kalender

Projekt

Umfang: 2 Textbände, 1 Kommentarband in zwei Teilbänden
Erscheinungstermin:  2012 (Projekt abgeschlossen)
Leitung:  PD Dr. Christian von Zimmermann
Mitarbeitende (Kommentar): Barbara Berger, Dr. Stefan Humbel, Dr. Patricia Zihlmann-Märki
Mitarbeitende (Textphilologie): Dr. Stefan Humbel, Irene Keller, Dr. Thomas Richter

Neben Johann Peter Hebel und Berthold Auerbach gehört Albert Bitzius zum Dreigestirn der bedeutenden Kalenderautoren des 19. Jahrhunderts. Von 1839 bis 1844 betreute er als alleiniger Autor und Redakteur die Jahrgänge des Neuen Berner-Kalenders für die Jahre 1840 bis 1845. Für den gerade erst als Erzähler bekannt gewordenen Pfarrer aus Lützelflüh war dies keine Nebenbeschäftigung, keine Lohnschriftstellerei, sondern eine gewichtige Aufgabe, die er mit pastoraler Verantwortung ausübte.

In einem vielfach zitierten Grundsatzwort Gotthelfs zum Kalender heisst es: »Der Kalender ist kein Betbuch, aber es ist ein Buch, das zur Besserung der Menschen beitragen soll wie jedes andere Buch; und wenn ein Buch das nicht will, so verdient es, verboten zu werden. Aber der Unterschied zwischen dem Kalender und einem Betbuch ist, daß das, was das Betbuch zur Bekehrung des Menschen auf eine geistliche Art sagt, der Kalender auf eine weltliche Art darstellt.« Unter diesem Leitsatz wird der Kalender zum Publikationsort für durchaus heterogene Anordnungen unterschiedlicher Textsorten. Anekdotische, witzige Passagen werden mit zeitkritischen Beobachtungen und mit Satiren auf typische Kalenderinhalte verknüpft. Vor allem aber gewinnt Gotthelfs Kalenderredaktion durch umfassende christlich-ethische Abhandlungen – etwa zu Sanftmut und Demut, zu Glaube, Liebe und Hoffnung – ein eigenes Gesicht.

Die bisherigen Editionen der Kalendertexte haben sich in der Regel auf die Wiedergabe der 'wichtigsten' Kalendergeschichten beschränkt, diese in neuer Reihenfolge dargeboten und sprachlich-stilistisch überarbeitet. Die neue Edition soll vor allem den ursprünglichen Kalender und seine Texte in originaler Gestalt wieder zugänglich machen. Zusätzlich ist der umfangreiche handschriftliche Nachlass mit Vorstudien und teils ungedruckten Kalendertexten zu edieren. Einige der Kalendertexte hat Gotthelf später für andere Publikationen überarbeitet; auch diese Texte sollen aufgenommen werden. Die historisch-kritische Edition ermöglicht dadurch neben der Lektüre der Gotthelf-Texte in ihrer ursprünglichen Sprachform auch Einblicke in das Medium des von Gotthelf in allen Teilen redigierten Kalenders und in die Schreibwerkstatt des Erzählers.

Gotthelfs Predigten, seine Publizistik und seine Kalenderredaktion sind Etappen einer Suche nach der geeigneten Äusserungsform für den Analytiker menschlicher und gesellschaftlicher Schwächen und für den Mahner zu verantwortlichem Handeln aus christlichem Glauben.